Kein Blattbreit der Rechten

Gemeinsam gegen die Vereinnahmung von Naturschutz durch Rechte Ideologien

Immer mehr Krisen entstehen und passieren gleichzeitig: Klimakrise, Rechtsdruck, Krieg (in Europa und weltweit), … Vor allem durch die Klimakrise liegt ein starker Fokus, aber auch Druck, auf dem Umwelt- und Naturschutz. Gleichzeitig sind Menschen davon überfordert, genervt oder gestresst, wodurch diese möglicherweise anschlussfähiger für rechte Ideen werden.

 

Der Rechtsdruck wird in (fast) allen Bereichen immer stärker und auch wir (Wiebke und Lorena) wollten dagegen etwas unternehmen, sodass wir Teil des Netzwerkes „Kein Blattbreit der Rechten“ wurden.

 

 

Das folgende Interview haben wir mit Personen geführt, die uns für das Netzwerk ausgebildet und uns auf diesen Weg begleitet haben. Wir haben viel von ihnen gelernt und wollen euch auch die Möglichkeit geben, direkt zu erfahren, was Rechtsextremismus mit Naturschutz zu tun hat.

 

 

 


Du, ich, wir und Rechtsextremismus-Prävention

Unsere Interviewpartner*innen

 

 

Matthias ist Teil der NABU-Geschäftsleitung. Er ist unter anderem für die NABU-Regelwerke und den Fachbereich Engagement und Verbandsentwicklung zuständig.

 

 

Karoline ist Referentin im Jugendbereich der NAJU-Bundesgeschäftsstelle inBerlin. Neben den Themen Biodiversität und Landwirtschaft arbeitet sie zum Bereich Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Naturschutz.

 

 

 

Sarah arbeitet bei der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) und ist hier für die Beratung zuständig. Beispielsweise wenden sich Verbände oder Einzelpersonen an uns, wenn sie mit rechten Akteur*innen inhaltlich oder verbandlich zu tun haben und das vermeiden oder verhindern wollen. Hier berät Sarah selbst oder begleitet unsere Berater*innen dabei, was die Ratsuchenden dagegen tun können.

 

 

Leandra arbeitet auch bei der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement Naturschutz (FARN) als Bildungsreferentin. Sie erstellt Bildungsangebote im Bereich Naturschutz, Rechtsextremismus und globale Gerechtigkeit und begleitet unsere Trainer*innen dabei, diese durchzuführen.

 

 


Was hat Naturschutz mit Rechtsextremismus zu tun?

 

FARN: Naturschutz ist seit seiner Entstehung als Heimatschutz immer wieder mit extrem rechten Ideologien verknüpft worden. Die Nationalsozialisten haben mit ihrer völkischen Blut und Boden-Ideologie  Naturschutzideale mit menschenverachtenden Ideen verbunden und von einer natürlichen Verbindungen von einem „arischen Volk“ mit der deutschen Landschaft gesprochen. Auch heute beziehen sich extrem rechte Gruppierungen wie die Identitäre Bewegung, „Die Heimat“, die vorher die NPD war, oder die in Teilen rechtsextreme AfD auf dieses historische Erbe. So warb die AfD beispielsweise in der Europawahl mit dem Slogan „Naturschutz ist Heimatschutz“ und verdeutlicht so ihr antidemokratisches und menschenverachtendes Gesellschaftsbild.

 

Hinter "Blut und Boden"-Ideologie steckt die Vorstellung, dass das eigene Volk (bzw. die eigene "Rasse") mit dem eigenen Boden eine Einheit bildet, auf der ein gesunder Staat beruht. Diese Einheit muss vor fremden Einflüssen und Veränderungen bewahrt werden.

 

Matthias: Rechtsextreme nutzen den Naturschutz immer wieder als Thema, um in die Mitte der Gesellschaft zu kommen. Dort wollen sie ihre ausschließenden Gesellschaftsbilder über Themen des Naturschutzes platzieren. So verbinden sie zum Beispiel Natur- und Heimatschutz, den sie dann aber ethnopluralistisch und exkludierend [ausschließend] aufladen. Zudem wissen wir, dass Zielkonflikte zwischen Klima- und Natur- bzw. Artenschutz genutzt werden, um demokratische Akteure und Prozesse verächtlich zu machen. Hier geht es also nicht um Lösungen, sondern um das Treiben von Konflikten.

 

Enthnopluralismus: Wird auch als Rassismus ohne Rasse bezeichnet. Besteht auf der Abgrenzung zwischen Kulturen, weil angeblich jedes Volk eine unveränderliche Kultur habe, die man gegenüber anderen Kulturen schützen müsse. Ethnopluralismus wird als Argumentationsstrategie genutzt, um die Ausgrenzung von "Fremden" zu rechtfertigen.

 

 

Inwiefern sollte eine Naturschutzorganisation eine politische Position beziehen?

 

FARN: Unsere demokratische Verfassung ist keine Selbstverständlichkeit, denn Demokratie muss täglich neu aufgebaut, gelernt und gestärkt werden. Gerade in Zeiten vielfältiger Krisen und des Aufkommens rechtsextremen und populistischen Gedankenguts ist es entscheidend, dass alle gesellschaftlichen Gruppen, die sich auf Werte wie Gerechtigkeit, Solidarität und Demokratie stützen, sich auch politisch positionieren, damit diese Werte nicht bedroht werden. Die Naturschutzorganisationen können sich gemeinsam gegen autoritäre Ideologien, die dem menschlichen Leben schaden, wehren. Darüber hinaus ist das Existenzrecht von Naturschutzorganisationen in Gefahr, wenn die Demokratie geschwächt wird, wie wir aus anderen historischen Epochen gelernt haben.

 

 

Foto: Alicja/Pixabay
Foto: Alicja/Pixabay

 Warum ist die Auseinandersetzung mit Naturschutz und Rechtsextremismus als Einzelperson wichtig?

 

FARN: So wie jede demokratische Organisation zur Wahrung der Demokratie beitragen kann, hat jede Person eine sehr wichtige Rolle bei der Verwirklichung einer Gesellschaft, die jedem*jeder das Recht auf Leben, Meinungsfreiheit und Engagement garantiert. Die Natur ist für das menschliche Leben unverzichtbar. Der Mensch hat seinerseits bei der Erhaltung der Natur und aller Arten eine sehr bedeutsame Aufgabe zu erfüllen. Aber auch rechtsextreme Gruppen engagieren sich im Naturschutz und können mit diesem Thema mehr Menschen für ihre menschenfeindliche Ideologie gewinnen. Als zivile Akteur*innen können wir uns über diese Instrumentalisierung informieren, andere warnen und aktiv zum Aufbau eines demokratischen Umweltschutzes beitragen, der alle Lebewesen respektiert.

 

 

Warum sollten NABU und NAJU Stellung beziehen gegen rechtspopulistische und rechtsextremistische Vereinnahmung?

 

Matthias: In der NABU-Bundessatzung haben wir mehrere Dinge klargestellt, die es zu verteidigen gilt:

1. Naturschutz ist kein Mittel zum Zweck, z.B. um ihn diskriminierend aufzuladen, sondern soll dem Schutz der Natur dienen.

2. Wir machen unsere Arbeit auf wissenschaftlicher Grundlage, wir wissen zugleich, dass von rechtspopulistischer und rechtsextremistischer Seite der menschengemachte Klimawandel immer wieder in Frage gestellt wird.

3. Unsere Arbeit machen wir im Rahmen einer subsidiär [unterstützend] angelegten freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wir wissen aus Autokratien, dass dort ein zivilgesellschaftlicher und wirksamer Naturschutz kaum mehr möglich ist.

Und 4. haben wir unseren Mitgliedern, Mitarbeitenden und Partner*innen in §2 (3) ein Versprechen gegeben. Wir stehen für eine offene Gesellschaft und lehnen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ab.

 

Autokratie: Staatsform, in der eine einzelne Person oder eine kleine Gruppe Menschen die gesamte staatliche Macht besitzt, nicht wie in einer Demokratie, wo es staatliche Gewaltenteilung und Mitbestimmung durch Wahlen und Interessensvertretungen durch Abgeordnete gibt.

 

Karo: Unsere Verbandgeschichte hat uns zwei wichtige Dinge gelehrt: wertegebunden und nicht staatstragend zu sein. NABU und NAJU haben in der Satzung ein klares Wertegerüst verankert, auf dem der Verband ruht: Wir bekennen uns zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, treten für Menschenrechte und Vielfalt ein. Zudem sind wir Teil der aktiven demokratischen Zivilgesellschaft und tragen damit auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Dieser Verantwortung und unseren eigenen Werten können wir nur gerecht werden, wenn wir dafür eintreten, dass weder in unserem Verband noch in unserer Gesellschaft Platz sind für rechte Hetze und menschenverachtende Ideologien.

 

 

Was macht die NAJU an der Schnittstelle Naturschutz/Rechtsextremismus schon?

 

Karo: Das aktuelle Projekt „Kein Blattbreit der Rechten – Verbandliche Stärkung der Prävention gegen rechte Interventionen“, das vom Bundesfamilienministerium im Rahmen von Demokratie leben! gefördert wird und noch bis Ende 2024 läuft, ermöglicht es uns, umfangreich zu demThema im Verband zu arbeiten. Aber schon 2016 wurde das NAJU-Positionspapier zur Demokratie und Vielfalt verabschiedet. Im Positionspapier wird klar formuliert, dass die NAJU jegliche Zusammenarbeit mit Akteur*innen ablehnt, die u.a. durch menschenverachtende Äußerungen auffallen, dass wir eine Vereinnahmung von Natur- und Umweltschutzthemen durch rechte Gruppierungen ablehnen und dass wir für eine gewaltfreie Demokratie, Willkommenskultur und Offenheit stehen.

 

NAJU RLP: Außerdem hat der NABU seine Geschichte aufgearbeitet. Gegründet wurde der NABU im Jahr 1899 und war während der NS-Diktatur nicht verboten worden. Eine Übersicht über die Vereinsgeschichte, unter anderem während der NS-Diktatur findet sich hier.

Ergänzend ein Portrait der Gründerin Lina Hähnle und Arten den Verein zu führen, unter anderem während der NS-Zeit.



 

Foto: Artoxana/Pixabay
Foto: Artoxana/Pixabay

Warum gibt es das Projekt „Kein Blattbreit der Rechten“? Was macht das Netzwerk?

 

Karo: Mit dem Projekt soll unser Wertegerüst weiter mit Leben gefüllt, der Verband und die weitere Öffentlichkeit stärker für das Thema sensibilisiert und dazu beitragen werden, dass die Auseinandersetzung damit in der Verbandsarbeit eine größere Rolle spielt. Hierbei kommt demKompetenznetzwerk eine wichtige Funktion zu. Es hat sowohl eine Bildungsfunktion und ist darüber hinaus Anlauf- und Beratungsstelle bei rechten Vorfällen im Verband.

 

Matthias: Das Projekt sensibilisiert in der Fläche und ist damit ein wesentlicher Baustein für unsere Arbeit gegen rechtspopulistische und rechtsextremistische Interventionen. Die Ausbildung von Multiplikator*innen hilft uns, das Thema bei möglichst vielen Mitgliedern und Ehrenamtlichen zu platzieren. Sie bekommen Ansprechpartner*innen. Zudem helfen sie uns, unsere weitere Arbeit im Themenfeld möglichst nah an den Bedarfen des Verbandes auszurichten.

 

 

Wer ist beim Netzwerk dabei?

 

Karo: Das Kompetenznetzwerk besteht momentan aus 20 geschulten NAJU- und NABU-Aktiven aus acht Landesverbänden sowie dem NAJU- Bundesverband. Mit dabei sind sowohl Ehrenamtliche als auch Hauptamtliche. Wir arbeiten daran, dass das Kompetenznetzwerk weiterwächst und in Zukunft alle Landesverbände vertreten sein werden.

 

 

Projekt „Kein Blattbreit der Rechten“

 

Im Herbst 2023 sind die ersten Schulungen für das Kompetenznetzwerk „Kein Blattbreit der Rechten“ gestartet. Die Mitglieder beraten in den einzelnen Bundesländern zu Prävention von Rechtsextremismus. Sie können Inputs in den Gruppenstunden oder NAJU/NABU-Veranstaltungen halten. Sprecht sie auch an, wenn es rechte Vorfälle bei eurer NAJU vor Ort gibt oder ihr dazu Fragen habt und euch austauschen wollt.

 

MACH MIT! Melde dich bei Interesse bei Karoline!

Kontakt: Karoline.Kraft(at)NAJU.de

 

Neugierig?

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Foto: Nico Wall/Pixabay
Foto: Nico Wall/Pixabay

Was kann ich privat und mit meiner NAJU-/NABU-Gruppe tun?

 

· Zusammenschließen mit denen, die von Hass und Ausgrenzung betroffen sind

 

· Miteinander sprechen, diskutieren, gegenseitig motivieren

 

· Poster aufhängen, Flyer verteilen, informieren

 

· Auf Demos gehen (und organisieren)

 

Die NAJU vor Ort

Viele Gruppen in ganz Rheinland-Pfalz bieten Gruppentreffen, Aktionstage und Freizeiten für Kinder und Jugendliche an. Infos und Termine findest du hier.

 

Die NAJU Rheinland-Pfalz

NAJU (Naturschutzjugend im NABU)

im NABU Rheinland-Pfalz

Landesgeschäftsstelle Rheinland-Pfalz

Frauenlobstr. 15-19

 55118 Mainz

 

Infos zu Veranstaltungen bitte an die Adresse:

info[at]naju-rlp(.)de

 

Fragen und Kontakt für Einzelpersonen

hallo[at]naju-rlp(.)de

 

 

 

Die NAJU auf Bundesebene

NAJU (Naturschutzjugend im NABU)

im NABU Deutschland e.V.

Bundesgeschäftsstelle

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10117 Berlin

Telefon:  030 - 65 21 37 52 0

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